Sozialwissenschaften - weit mehr als nur ein Unterrichtsfach
Von Uli Happe
Unsere Welt wird immer vielschichtiger, immer komplizierter, immer anspruchsvoller. Neue Technologien und eine rasant an Bedeutung zulegende Digitalisierung prägen unser aller Leben, im Beruf, in der Schule, sogar in unserer Freizeit. Und wir müssen uns eingestehen, niemand kann diesen Prozess aufhalten oder ihn gar verhindern.
Hieß es früher immer – oft einfach eher so dahin gesagt – „Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir.“, haben diese Binsen-Weisheit und ihr Wahrheitsgehalt inzwischen Dimensionen angenommen, dass einem nur noch schwindlig werden kann.
Unser Bildungssystem, die Schulen, ja jede Unterrichtsstunde müssen sich auf diese Entwicklung einstellen und dazu beitragen, unseren Ängsten, Sorgen und Problemen entgegenzusteuern.
In den Griff werden wir all das, was heute auf uns einstürzt und in Zukunft noch einstürzen wird, kaum zu 100 Prozent bekommen, aber unser Anspruch muss es trotzdem sein, das Neue, das Angsteinflößende, das Bedrohliche wenigstens transparenter, vorhersehbarer oder aber auch, falls nötig, nachvollziehbarer zu machen.
Und damit sind wir beim Fach Sozialwissenschaften, das wie kein anderes in unserem Fächerkatalog dazu geeignet ist, uns an die Hand zu nehmen und uns in den schwierigen Zeiten ein wenig Orientierung zu geben. Es liegt an uns, die Sozialwissenschaften als Instrument zu erkennen, das uns beim Leben hilft.
Aber um was handelt es sich bei diesen: Sozialwissenschaften?
Die Sozialwissenschaften befassen sich mit den Grundlagen, den Erscheinungsformen und den Entwicklungen des menschlichen Zusammenlebens. Dies erstreckt sich von den kleinsten Beziehungseinheiten wie zum Beispiel den Familien über große Organisationen wie Unternehmen und Verbände bis hin zu komplexen Systemen wie der Europäischen Union.
Anders ausgedrückt: Die Sozialwissenschaften tragen dazu bei, dass wir unsere Welt, aber auch uns selbst besser verstehen lernen.
Es ist leicht zu sagen: Die Regierung ist schlecht. Entscheidend ist es aber herauszufinden, warum wir der Ansicht sind, dass die Regierung schlecht ist.
Schnell können wir behaupten: Es ist absolut falsch, die Steuern zu erhöhen. Weiter bringt uns aber nur die Erkenntnis, warum wir denken, dass die Steuern nicht erhöht werden sollen.
Natürlich lässt sich leicht behaupten: Der Konsum von Cannabis soll erlaubt oder aber auch verboten werden. Hilfreich für unsere Argumentation dafür oder dagegen ist es aber zu wissen, warum dies so ist.
Und hier sind wir an einer entscheidenden Stelle:
Es gibt nichts Schlimmeres und vor allem nichts Gefährlicheres, mit Unwissenheit oder populistischem Halbwissen auf Strömungen und Meinungen hereinzufallen, die uns fehlleiten oder gar belügen anstatt uns zu erklären, WARUM dies alles so ist.
Die Sozialwissenschaften, also in unserem schulischen Fall die Wirtschaftswissenschaften, die Politikwissenschaften und auch die Soziologie können uns unterstützen, unser Leben zu leben.
Und dieses „Lebenstraining“ startet eben in der Schule, fängt mit dem Politikunterricht in der Unterstufe an, geht weiter mit dem Wirtschaftsunterricht bis in Klasse zehn und endet schließlich mit dem Fach Sozialwissenschaften vor oder gar im Abitur.
Wichtig ist, dass wir in der Schule auf die Gefahren des täglichen Lebens aufmerksam gemacht werden, dass wir sensibilisiert werden, Verführern nicht auf den Leim zu gehen und dass wir erkennen, wie unerlässlich es ist, unser Leben und unsere Welt mit all ihren Gefahren, aber auch mit all ihren Annehmlichkeiten, Schönheiten und Wundern zu begreifen.
Dazu brauchen wir eigenes Interesse, persönliche Neugier, aber oft auch ein wenig Hilfe von außen. Die Sozialwissenschaften können uns dabei zur Seite stehen. Nun liegt es ausschließlich an uns, dieses Angebot auch anzunehmen.